Janina Lamberty
Werkschau
THEMEN
» CASCADAS & CAÑAS
» „ZEICHEN DES WINDES“
» GEODÄSIE UND KUNST
» ZEITGENÖSSISCHE MUSIK UND GRAPHIK
» INSPIRATION KATALONIEN UND SPANIEN
» BEGEGNUNG MIT RAUM UND FARBE
Naturwahrnehmung

CASCADAS & CAÑAS
In ihrer Werkreihe „Cascadas“ beschäftigt sich Janina Lamberty mit einer Transformation von Wasserfall-Motiven. Ein erster Arbeitsschritt bringt rhythmische Wellungen hervor. Dabei ist die Qualität der verwendeten Papiersorte entscheidend. Anschließend werden papierne Fundstücke eincollagiert. Die Rhythmisierung der Farbwerte lässt ahnen, wie sich ein Wasserfall beim Herabstürzen beschleunigt: Die Absicht, Zeitverläufe und Bewegung im Bild darstellen zu wollen, führt bei diesen Wasserfall-Motiven zu einer vertikalen Folge von „Farbbahnen“.
Aus Strohstäben bestehen die mit Japanpapier umwickelten „Cañas“. Diese Stäbe lässt die Künstlerin nach dem Mikado-Prinzip fallen, fixiert dann mit dem Kleber das zufällig entstandene Ergebnis. Auf diese Weise ergeben sich Strudel, Wirbel und bündelartige Formen, die bisweilen an Getreidegarben erinnern.
Man kann diese Gebilde sind als künstlerische Transformationen von physikalischen Kräften beschreiben, die in der Natur genauso wirken. Präsentationsästhetisch werden die „Cañas“ in Ausstellungssituationen als Reliefs bzw. Wandobjekte inszeniert. Eine Variante besteht aus Plexiglassäulen im Raum, mit Stäben im Inneren, die durch Vernähen aneinandergesetzt sind.
Jürgen Raap

„ZEICHEN DES WINDES“
„Señal del viento“so heißt eine ab 2004 entstandene Werkserie.
Draht, der mit gewelltem Papier umwickelt ist, repräsentiert jenen Naturvorgang, wie heftiger Wind die Landschaft formt, etwa Sanddünen am Meeresstrand oder in der Wüste.
Eine zweite, gleichnamige Serie (2005) besteht aus segelartigen Formen. Wie die einzelnen Farbfelder konstruktiv zueinanderstehen, ergibt sich auch hier nach dem Zufallsprinzip (so wie ja auch in der Natur selbst Verwehungen zufällige Anordnungen hervorrufen).
Jürgen Raap

Geodäsie und Kunst
Präsentation: Kunst in Bezug auf die Geodäsie zur Intergeo2022 in der Messe Essen, veranstaltet durch den DVW e.V., Gesellschaft für Geodäsie, Geoinformation und Landmanagement.
(Freiherr Ingo von Stillfried)
Als pointierte Einführung in die Geodäsie dient der von Ingo Freiherr von Stillfried verfasste Text Vermessung schafft Kultur. Ich bedanke mich für die Erlaubnis, diesen hier verwenden zu dürfen.
„Seit jeher sind Menschen darum bemüht, den eigenen Lebensraum überschaubar zu machen. Dabei gehört die Vermessung der Welt im Großen und im Kleinen zu den grundlegenden Tätigkeiten, die das Erkennen, das Erfassen und das Ordnen der Umwelt erst ermöglichen. Es sind die durch Vermessungsingenieure erarbeiteten Geo-Informationen (Daten und Karten), die heute dringender denn je benötigt werden, um unsere Umwelt lebenswert zu gestalten.
Viele Menschen verwenden und nutzen die Ergebnisse dieser Geo-Informationen täglich wie selbstverständlich. Fahrzeugnavigation, Kartengrafiken in den Tageszeitungen oder ein Blick auf’s Handy ‚Wo bin ich?‘ basieren stets auf von Menschen aus den Vermessungsberufen geschaffenen Grundlagen.
Aber auch kaum ein Ingenieurbauwerk ist ohne Vermessungsanwendungen errichtet worden. So war schon beim Bau der Pyramiden von Gizeh, beim Bau römischer Wasserleitungen über Aquädukte oder zur Versorgung von Köln mit Eifelwasser, beim Bau von Staumauern, Hochwasserschutzbauwerken oder Tunneln wie z.B. dem 57 km langen Gotthard-Basistunnel fundierte Vermessungskenntnis nötig.
Nach den großen Nilüberschwemmungen galt es, möglichst schnell die zu bewirtschaftenden Äcker der ägyptischen Bauern in ihren Grenzen anzuzeigen. Dieser Aufgabenbereich im Sektor der Landwirtschaft zeigt sich heute in der Form der ländlichen Neuordnung, bei der die ökonomisch erforderlichen Feldstrukturen mit ökologischen Anforderungen an Landschaft und Natur in Einklang gebracht werden. Eine solche Tätigkeit im Bereich der Raumordnung wird auch durch Vermessungsingenieure wahrgenommen, wenn flächenintensive Baumaßnahmen wie z.B. bei neuen Strecken der Eisenbahn, bei der Schaffung von naturnahen Überschwemmungsflächen infolge eines Kanalisierungsrückbaus von Fließgewässern etc. geplant und umgesetzt werden. Resultierend aus solchen Raumordnungsverfahren sind Vermessungsingenieure auch im Bereich des Städtebaus, der Immobilienwirtschaft und auch Immobilienbewertung (z.B. bei Verkäufen oder Erbfällen) tätig.
Im Laufe der Zeit wurden infolge des ständigen Technik- und Technologiewandels Mess- und Rechentechniken stetig verfeinert, die Art der Verarbeitung und der Verbreitung der Informationen hat sich z.B. von analogen Karten zu digitalen 3D-Modellen grundlegend geändert.
Die entsprechenden Entwicklungen zeigen und verdeutlichen die ständige Ausstellung Vermessungsgeschichte im Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte und die Sammlung des Förderkreises Vermessungstechnisches Museum e.V. in Dortmund. Anhand von Instrumenten, Karten, Büchern und Modellen wird der Werdegang des Vermessungswesens in den vergangenen Jahrhunderten bis heute verständlich erläutert und eindrucksvoll präsentiert.“

Zeitgenössische Musik und Graphik
Präsentiert wurde ein Konzert des Kompositionen des katalanischen Komponisten Pere Casas und seine graphische Umsetzung. Städtische Galerie Schloss Neersen.
Der große Raum hat Winkel.
…
Die große Musik klingt sanft.
Die große Form hat keine Konturen.
Und das Tao ist verborgen und namenlos.
Dieses Tao weiß seine Macht zu verleihen
und die Vollkommenheit zu erreichen.
Lao Tse: Tao Te King
MUSIK UND KUNST AUS JANINA LAMBERTYS SICHT.
PRÄSENTATION GEMEINSAME SCHRITTE, EIN WERK AUS DER AUSSTELLUNG FARBE KLANG RAUM.
Das Raumkonzept, ein wiederkehrendes Element im Werk Janina Lambertys, lässt uns begreifen, warum sie die Musik dabei haben möchte. In diesem Kontext hat ihr Raum Winkel, ist ein begrenzter Raum, in dem wir uns bewegen, während wir sehen wie die Formen von selbst fließen.
Der Raum und die Bewegung: der Klang und die Stille: die Musik. In Zusammenarbeit mit dem katalonischen Komponisten Pere Casas gestaltet Janina Lamberty eine Komposition mit dem Titel Farbe Klang Raum.
Eines ihrer zusammen erschaffenen Werke heißt gemeinsame Schritte. Zwei unterschiedliche Künstler aus verschiedenen Disziplinen, die uns gemeinsam in Schwingung versetzen. Die Musik, eine der abstraktesten Kunstformen, knüpft an das Werk Janina Lambertys an. Zusammen mit der Magie ihrer Installationen wird der Klang zu einem schwer zu definierenden Etwas. Tatsache ist, dass wir uns treiben, unsere Sinne ziehen lassen. Genau so, langsam, wie sie fließen…
Montserrat Carné

INSPIRATION KATALONIEN UND SPANIEN
DIE LANDSCHAFT, EINE BESTIMMTE VISION DES UNENDLICHEN
Landschaft, das kann die Umgebung sein und eine blendende Vision, die Darstellung der Natur oder die Projektion der intelligenten Wahrnehmung. Sind das widersprüchliche Definitionen? Für den Künstler ist die Landschaft seit jeher Mittel und Weg des Ausdrucks gewesen. Ein großes Thema, mit dem sich alles erklären läßt. Der Künstler zeigt damit konkrete Gedanken, Handlungen oder einfach das Umfeld, in dem er lebt, wo er sich eingebunden und berührt fühlt.
Mit dieser Ausstellung jüngster Werke von Janina Lamberty präsentieren wir diesen globalen Begriff von Landschaft. Die Vereinfachung der Formen ist Symbol für Großartigkeit. Und auch für ihr allmähliches Anpassen an neue Landschaften, die sie bereist, wo sie lebt. Die Ausstellung repräsentiert eine lange Reise, einen langen Weg, dem sie noch folgt bis zur Ankunft in Barcelona. Sie hat die Farben und Schattierungen des nördlichen Lichts hinter sich gelassen.
Barcelona, das Ebro-Delta, Cerdaña, Ampurias, Montserrat…… Landstriche, Orte, Gebräuche, andere Klimaregionen. Physische Realitäten, die für Janina Lamberty aufhören, solche zu sein, um sich in Symbole zu verwandeln: Bilder, Farbmosaike, hängende und durch ein geometrisches Farbschema strukturierte Größen. Sie alle werden zu Referenzpunkten eines globalen Landschaftsbildes. Es erinnert an eine Vision. Es erinnert an einen Gedanken von Estela Ocampo zum Bild: „Herbst, Steilküsten und die Flüsse“ des chinesischen Malers Houei-Tsong (1082 – 1135): „Die Landschaft ist mit weiter Perspektive gemalt, sodass Flüsse, Berge und Wälder zu Miniaturen werden. Es ist die Vision des Unendlichen“.
Diese Vorstellung vom Unendlichen und auch von Zeitlosigkeit durchzieht das gesamte jüngste Werk von Janina Lamberty. Es drückt in Wahrheit den Ursprung ihres Darstellungskonzeptes aus, das mit einer Gestaltung, angezogen von Landschaft und Erdgeologie, begann. Durch die leidenschaftliche Umsetzung gelangt sie in ihren Studien mit Hilfe der wesentlichsten geometrischen Formen zur reinsten Art der Abstraktion: Vertikalität, Rechteck, Zylinder, Punkt und Linie. Farbe ist ein weiteres Element, um die mit der Malerei beabsichtigte Bedeutung zu erreichen. Blau-, Grün-, Ocker-, Erd- und Rottöne, alle verwässert und bearbeitet, mitunter effektvoll, ein anderes Mal kokett.
Der Einsatz von Japanpapier bei fast allen Werken bewirkt Zerbrechlichkeit, harmoniert mit Gouache und Tinte, erzeugt Wärme und extreme Empfindlichkeit gegenüber den anderen Elementen, die immer als härter und stärker betrachtet wurden: die Linie und die Geometrie. Die Dicke des Papiers, die mitunter durch das Übereinanderschichten vieler Blätter erreicht wird, macht das Bild plastisch, wandelt es zum Objekt. Der bewusste Verzicht auf Rahmen bei den groß dimensionierten Werken hilft uns dabei, diese Verwandlung zu spüren. Die Malerei verläßt das Zweidimensionale….
Die Installationen von Wasserfällen sind keine Darstellung, sondern visuelle und farbige Komposition des Wassers. Möglicherweise handelt es sich auch um jene ohne Kadenz fallende Musik. Ein Rhythmus, der uns Bewegung suggeriert, und diese Vision hält dank kleiner Bewegungen der vielfarbigen Röhrchen und Stäbe einen Augenblick nach dem anderen an. Und die Zeit scheint nicht zu existieren; oder wir werden einfach an die Zerbrechlichkeit aller Dinge erinnert; vielleicht an jene Ewigkeit, bestehend aus kleinen, magischen Momenten, so wie wir sie fühlen, wenn wir nach dem Regen Waldluft atmen oder nach langer Abgeschiedenheit im transparenten Wasser des Mittelmeers schwimmen. Es handelt sich um einen Punkt im Unendlichen, wo man dem Geist freien Lauf lassen kann. Und auf diese so einfache Art verspricht uns die Kunst vielleicht auch all diesen möglichen Zauber….
Montserrat Carné Penalva


BEGEGNUNG MIT RAUM UND FARBE
Janina Lamberty begann ihren Weg mit der Geodäsie. So beeinflusst verwandelten sich geometrische Formenstränge und abstrakte Zeichen zu einem eigentümlichen Blick auf die Welt. Diese auch heute noch wichtigen Gestaltungselemente sind jedoch nicht alles, was sie bewegt. Hinzu tritt die frei schwingende Farbe, vor der sie sich nicht fürchtet.
Das Verhältnis von Linie und Farbe ist ein altes Thema der Malerei und mancher Freund der Kunstgeschichte versteht den Entwicklungsgang als Befreiung der Farbe aus den Zwängen von Linie und Form. Auch Janina Lamberty setzt sich damit auseinander. Ihre Formen schränken die Strahlkraft der Farben nicht ein. Grün ist für sie ein wichtiger Grundton, der sich zu rot aufhellt, oder in dunklen Klängen starke Kontraste schafft. Es entstehen Spannungen, die sich auch wieder lösen. Wichtig ist die Lenkung des Lichts, das den Raum der Bilder prägt. Dabei bleibt sie jedoch nicht stehen, sondern ihre Installationen gestalten den Raum, weisen über das hinaus, was die Alltagswelt wahrnimmt.
Innere Ruhe vermittelt sich so. Hier zeigt sich ein Mensch von selbstsicherer Kraft. Schließlich ist es kein Gegensatz mehr, was Farben- und Formensprache ausdrücken, Natur und Technik widersprechen sich nicht, sondern fügen sich in einen künstlerisch gestalteten Zusammenhang. Der Optimismus der Künstlerin überträgt sich auf den Betrachter.
Dr. Hans-Georg Fey